Beiträge in den Entsorgungsfonds sind 17mal zu tief

Der Bund hat die Ämterkonsultation zur Revision der Verordnung für die Stilllegungs- und Entsorgungsfonds gestartet. Darin werden die Weichen gestellt, wie in Zukunft das Geld für die Stilllegung und Entsorgung unserer AKWs angespart wird, und wie diese Fonds geleitet werden. Dabei sollen wider besserem Wissen massiv zu tiefe Beiträge festgelegt werden.

Die Mittel in beiden Fonds sind 2017 wieder angewachsen. Im Stilllegungsfonds liegen 2’493 Mio. CHF, im Entsorgungsfonds 5’329 Mio. CHF. Positiv betrachtet: Das ist soviel wie noch nie! Etwas realistischer betrachtet: Da fehlen noch 1’286 Mio. CHF im Stilllegungsfonds und 15’473 Mio. CHF im Entsorgungsfonds. Total fehlen 16’759 Mio. CHF.

Jetzt gibt es in der geltenden Verordnung zu den beiden Fonds eine Definition der Mechanismen, wie das fehlende Geld zusammenkommen soll, bis es gebraucht wird.

Zuerst einmal die Annahme, wie lange ein AKW laufen wird, bis es stillgelegt wird.
Je weiter die Stilllegung in die Zukunft verlegt wird, desto weniger muss man pro Jahr in die Fonds einzahlen.

Ursprünglich wurden die drei AKW Beznau 1, Beznau 2 und Mühleberg für eine Betriebsdauer von 30 Jahren gebaut. Schon in den Neunziger Jahren wurde diese Betriebsdauer für die Berechnung der Einzahlungen in die Fonds auf 40 Jahre verlängert. Die Bundesräte Merz und Blocher haben es dann fertiggebracht, die Betriebsdauer auf 50 Jahre zu verlängern, und durchgesetzt, dass den AKW Betreibern 2008 55 Mio. CHF aus dem Entsorgungsfonds und 15 Mio. CHF aus dem Stilllegungsfonds zurückbezahlt wurden. Weil sie wegen der rechnerischen Verlängerung der Betriebsdauer plötzlich „zuviel“ einbezahlt hatten.

Alpiq und Axpo fordern nun seit Jahren, diese Betriebsdauer nochmals auf 60 Jahre zu verlängern, dann hätten sie schon wieder „zuviel“ einbezahlt, und müssten pro Jahr weniger einzahlen.

Im Anhang 1 der Verordnung wurden dann die weiteren Steuerfaktoren festgelegt: Es wird mit einer Anlagerendite von 3,5% gerechnet, und mit einer Kostensteigerung von 1,5% pro Jahr.

Die erste Zahl kann man gelten lassen, denn die Rendite auf den Geldern im Fonds lag in den letzten 15 Jahren tatsächlich bei 3,9%. Das grosse Problem ist die zweite Zahl. Die Kostensteigerung lag in den letzten 16 Jahre real bei 4,3%, nicht 1,5%. Diese 1,5% sind eine politische Zahl, um die Betreiber der AKWs zu schonen.

Nach Fukushima kam der Bundesrat 2015 auf die Idee, einen Sicherheitszuschlag von 30% einzubauen, um die Risiken der Kostensteigerung abzufedern. Die AKW-Betreiber klagten dagegen. Das Bundesgericht gab dem Bunderat recht:

Die 30% Sicherheitszuschlag sind gerechfertigt. Das gilt für die Jahre 2015 und 2016.

Für 2017 hat die Leitung der Fonds bereits wieder dreimal tiefere Beiträge in die Fonds verfügt, weil die Kosten 2 Milliarden CHF gestiegen seien. Total unlogisch. Aber verständlich wenn man bedenkt, dass die AKW-Betreiber die Fonds steuern.

Pro Jahr sollen nur noch 53 Mio. CHF in den Entsorgungsfonds eingezahlt werden. Dabei müssten das, bei einem Zeitraum von 20 Jahren und den 1,5% Kostensteigerung der Verordnung, 464 Mio. CHF zu Beginn bis 616 Mio. CHF am Ende dieser 20 Jahre sein.
Bei Anwendung der korrekten 4,5% Kostensteigerung sind es gar 928 Mio. CHF zu Beginn bis 2142 Mio. CHF am Ende dieser 20 Jahre.

Die Verfügung der STENFO-Leitung vom Dezember 2017 liegt also um den Faktor 17 zu tief.

In der neuen Verordnung zu den Fonds soll nun der Sicherheitszuschlag wieder gestrichen werden, da läuft ein politisches Powerplay der AKW-Betreiber.
Aktuell dreht sich die Diskussion um diese Sicherheitzuschläge: 30%? 12%? 5%? Gar keine?

Dabei geht vergessen, dass diese Sicherheitszuschläge nur ein Flick waren, um die falschen 1,5% Kostensteigerung in der Berechnungsformel zu korrigieren.
Besser wäre es, man würde von Anfang an den korrekte Kostensteigerung von 4,5% in die Formal aufnehmen.

Das klingt einfach, hätte aber gigantische Auswirkungen. Die AKW Betreiber müssten bei den korrekten 4,5% Kostensteigerung dreimal höhere Beiträge einzahlen als bei den falschen 1,5%, die bisher galten.

Die KK Leibstadt AG und die KK Gösgen AG müssten ihre Bilanz deponieren und gingen Konkurs, oder müssten von den Eigentümern gerettet werden. Dasselbe würde gleich noch mit Alpiq und Axpo passieren. Dem sagt man Sachzwang: „Achtung, wenn ihr Politiker die Frechheit hättet, die Kostensteigerung korrekt in die Berechnung einzubeziehen, dann gehen obige vier Firmen in Konkurs, und ihr dürft sie dann mit rund 10 Milliarden CHF retten. Wollt ihr das?“

Und der bürgerliche Politiker stammelt: „Nein lieber nicht. Verschieben wir das Problem mithilfe einer falschen Berechnung einfach in die ferne Zukunft. Dann sind andere zuständig.“

Peter Stutz (Co-Präsident NWA Schweiz)

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Quellen:
Jahresbericht Stilllegungsfonds & Entsorgungsfonds 2017
Berechnungen (Grafiken) von Peter Stutz (14.10.2018)

Renaissance der Windkraft in der Schweiz

Die Umsetzung der Energiestrategie 2050 harzt. Leider.

Das Bundesamt für Energie BFE blockiert eigenmächtig den Abbau der Warteliste der Solaranlagen, die auf die kostendeckende Einspeisevergütung KEV warten. Darum haben wir als NWA die Solar-Befreiungspetition gestartet, die wir am 29.11.2018 einreichen werden.

Bei der Windenergie lief in der Schweiz fast gar nichts mehr. Ihr Anteil an der Stromproduktion lag 2017 bei erbärmlichen 0.23% der Landesproduktion, gegenüber immerhin 3% Solarstrom. Windstrom wäre aber ganz wichtig für die Schweiz, weil wir nach dem Abschalten der AKW tatsächlich eine Schwäche in der Winterstromproduktion haben werden. Diese könnte mit Windstrom behoben werden, der vor allem im Winter produziert wird. Im letzten halben Jahr gab es nun aber vermehrt Anzeichen, dass sich die Windenergie in der Schweiz langsam erholt.

Windparkprojekt auf dem Grenchenberg einen Schritt weiter

Der nationale und der kantonale Vogelschutz ist vor dem Solothurner Verwaltungsgericht abgeblitzt: Ihre Beschwerde gegen das Windparkprojekt auf dem Grenchenberg ist abgewiesen worden. Ihre Anliegen seien umfassend berücksichtigt worden. Nicht genug damit: Der Schweizer Vogelschutz SVS und der Vogelschutzverband des Kantons Solothurn müssen nicht nur die Verfahrenskosten vor Verwaltungsgericht von 5‘000 CHF übernehmen, sondern den projektführenden Städtischen Werken Grenchen (SWG) für deren Aufwendungen und Verfahrensauslagen eine Entschädigung von 30’000 CHF bezahlen.

Der Gotthard-Windpark wird gebaut

Die Tessiner Regierung gibt grünes Licht für den Bau des Windprojektes am Gotthard. Sie hat eine Einsprache der Società Ticinese Arte e Natura (STAN), die Tessiner Heimatschutzvereinigung, gegen die am 9. Juni erteilte Baubewilligung für das Projekt abgewiesen. Im Rahmen des Windparkprojekts sollen fünf Windenergieanlagen auf dem Gotthardpass aufgestellt werden. Die Gesamtleistung des Windparks wird auf 11.5 MW und die jährliche Produktion auf ca. 20 Mio. Kilowattstunden geschätzt. Damit wird der Gotthard-Windpark den Strombedarf von über 6000 energieeffizienten Haushalten abdecken können, was den Bedarf in den Bezirken Leventina und Blenio sogar übersteigt. Der Tessiner Heimatschutz verzichtet auf einen Weiterzug des Verfahrens. Die Windenergieanlagen können somit gebaut werden.

Peter Stutz (Co-Präsident NWA Schweiz)

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Quellen:
Suisse Eole
http://www.suisse-eole.ch/de/news/2018/8/31/gotthard-windpark-nimmt-weitere-hurde-tessiner-regierung-weist-beschwerde-von-heimatschutz-ab-282/
http://www.suisse-eole.ch/de/news/2018/10/1/windparkprojekt-grenchenberg-verwaltungsgericht-stuft-vogel-und-fledermausschutz-als-erfullt-ein-287/
http://www.suisse-eole.ch/de/news/2018/10/5/grunes-licht-fur-windpark-gotthard-der-tessiner-heimatschutz-verzichtet-auf-gang-vor-verwaltungs-und-bundesgericht-289/

Solothurner Zeitung
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/vogelschuetzer-abgeblitzt-windparkprojekt-auf-dem-grenchenberg-einen-schritt-weiter-133510560

Tessiner Elektrizitätsgesellschaft AET
https://www.aet.ch/DE/Parco-eolico-del-San-Gottardo-a9c8fd00#.W-vm3eYnbMV

Die Schweiz hinkt beim Solarstrom hinterher

Das Bundesamt für Energie (BFE) bremst seit 2013 den Zubau von Photovoltaik (PV). Wir haben in unserer Solar-Befreiungskampagne ausführlich darüber informiert.

Heute Berichtet der Blick im Interview mit NWA Schweiz Co-Präsident Peter Stutz zum Thema.

Hinweisen möchten wir in diesem Zuge auf die zwei wesentlichen Unwahrheiten des BFE:

1. Im Gegensatz zu den heutigen Aussagen hat das BFE 2016 in der Beratung der ES 2050 im Parlament schriftlich festgehalten, dass die PV-Warteliste bis mindestens Ende 2012 abgebaut wird. (Siehe Bild: Folie vom BFE an das Parlament)

2. Wieder wird, wie auch im Blick Artikel, mit „zu wenig Geld“ argumentiert. Ende 2017 lagen 651.62 Mio. CHF im KEV-Fonds, Ende 2018 werden es ca. 800 Mio. bis 1’000 Mio. CHF sein. Die zuständigen BFE Mitarbeiter äußerten sich am Telefon allerdings ganz anders: „Das Geld sei kein Problem, die Geschäftsleitung will es einfach nicht.“

Wenn Ihr uns im Kampf gegen diese willkürliche Politik unterstützen wollt, dann unterschreibt doch noch rasch unsere Petition.

HURRY UP: Am 29.11.2018 ist der Termin zur Einreichung.

Solar-Befreiung

Befreiung statt Blockierung der Photovoltaikanlagen Das Bundesamt für Energie (BFE) bremst seit 2013 den Zubau von Photovoltaik (PV). Bei den anderen erneuerbaren Produktionsarten, die mit

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Neugeboren und schon ein Sanierungsfall

Die Umsetzung der Energiestrategie 2050 läuft schief. Der Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion wird behindert, und der Bundesrat passt Verordnung um Verordnung an, um unsere AKWs ewig laufen zu lassen.

Der Bundesrat sagte, dass unsere AKWs weiter betrieben werden dürfen, solange sie sicher sind. Sobald sie die rechtlichen Bestimmungen nicht mehr erfüllen, müssen sie umgehend ausser Betrieb genommen werden. Das bedingt vernünftige Normen im geltenden Recht, die auch durchgesetzt werden, und eine Institution, die das überprüft. Beides ist in der Schweiz infrage gestellt.

Tricksereien und Anpassungen

Wir haben mit der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt EMPA eine Prüf- und Zertifizierungsstelle mit Weltruf. In alter Ingenieurtradition gelten nur Zahlen und Fakten, es gibt keine Gefälligkeitsgutachten. Wäre die EMPA zuständig für die ingenieurmässige Beurteilung der Schweizer AKWs, dann wären Mühleberg, Beznau 1 und 2 schon lange ausser Betrieb, und die AKWs Gösgen und Leibstadt vielleicht noch am Netz.
Da aber aus historischen Gründen das Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI zuständig ist, ein Ableger des notorischen Atompromotors Paul Scherrer Institut, wurde seit Jahrzehnten vom Pfad des seriösen Ingenieurs abgewichen. Wenn dem ENSI ein Resultat nicht passt, vergisst man es zu erwähnen – wie die nicht möglichen zerstörungsfreien Messungen am einbetonierten Primärcontainment eines AWKs. Oder man misst die Risse im Kernmantel nächstes Jahr einfach nicht mehr, wie in Mühleberg. Oder man ändert die Berechnungsmethode der Sprödigkeit des Stahls, wie in Beznau.
Wenn alles nichts mehr hilft, gibt es noch den Bundesrat, der die nicht passende Verordnung passend macht. Beznau müsste wegen der Erdbebennorm stillgelegt werden? Der Bundesrat erhöht in der Kernenergieverordnung den Grenzwert um den Faktor hundert.

Das Kühlwasser von Beznau heizt während fünf Monaten im Jahr die Aare zu stark auf, bis die Fische auf dem Bauch schwimmen? Der Bundesrat erlässt eine Ausnahme in der Gewässerschutzverordnung. Das Prinzip «AKW-Weiterbetrieb solange sicher» ist eine Illusion. Durch das Verhalten von ENSI und Bundesrat ist ein «ewiger Weiterbetrieb» die Realität.

Willkürentscheide des BFE

2017 setzte das BFE die Freigaben für Photovoltaikanlagen(PV-Anlagen) auf Null, obwohl das dem expliziten Auftrag des Energiegesetzes widersprach. Es gebe kein Geld, schrieb das BFE. Dabei stieg 2017 die Reserve in genau diesem Fonds um 103 Millionen Franken auf 114 Millionen Franken. Vor der Abstimmung zur Energiestrategie 2050 fragte das BFE in der Vernehmlassung zur Energieförderungsverordnung:

Wollt ihr Option A, die Warteliste für Solarprojekte gleich schnell abbauen, wie für die anderen erneuerbaren Produktionsarten?

Oder B, mit kleinen Kontingenten bremsen?

Zwei Drittel aller Vernehmlassungsantworten wählten die Option A. Bundesrätin Doris Leuthard entschied sich gegen diese deutliche Mehrheit der Vernehmlassung und legte fest: Variante B, PV blockieren mit sehr kleinen EVS-Freigaben.
Im Widerspruch zur bisherigen Kommunikation hat die Geschäftsleitung des BFE einen draufgesetzt und beschlossen, dass die Warteliste der PV-Anlagen nur bis zum Anmeldedatum 30. Juni 2012 abgebaut werde. Dass in den fünf Jahren bis 2022 nur noch 940 PV-Anlagen freigegeben werden. Damit fielen 15’600 PV-Anlagen ins Nichts, weil sie nie mehr in die Förderung der KEV beziehungsweise EVS aufgenommen werden.

Auch diese im August 2012 gebaute PV-Anlage soll nie mehr in die KEV aufgenommen werden.

Als Alternative wurde vom BFE die Einmalvergütung angepriesen. Diese bringt erstens wenig für PV-Anlagen, die 2012 und 2013 gebaut wurden im Glauben an die Vergütung des produzierten Solarstroms auf Höhe des KEV-Tarifs. Wenn nur 14 Prozent der KEV-Höhe vergütet wird, treibt das die Anlagebetreiber dieser PV-Anlagen in den Ruin, auch mit einer kleinen Einmalvergütung.
Aber auch neue PV-Anlagen haben ein Problem: Die Freigaben für Einmalvergütungen lagen im ersten Halbjahr 2018 bei Null für grössere Anlagen und bei 215 Kleinanlagen mit lächerlichen vier Megawatt Leistung. Auch für die Einmalvergütung existiert eine Warteliste mit sechs Jahren Wartezeit. Zuerst keine KEV beziehungsweise EVS, danach auch keine Einmalvergütung.

Einfache Lösung

Dabei wäre es so einfach: Die PV-Warteliste gleich schnell abbauen, wie die Wartelisten der anderen erneuerbaren Produktionsarten. Geld wäre genug vorhanden. Ende 2017 lagen 651 Millionen Franken im KEV-Fonds herum, bis Ende dieses Jahres werden es zwischen 800 bis 1’000 Millionen Franken sein. Bitte helfen Sie der Solarkraft in unserem Land, indem sie die Solar-Befreiungspetition unterstützen.

Neugeboren und schon ein Sanierungsfall (Veröffentlicht am Sonntag, 30. September 2018 in «Der Nachhaltigkeitsguide» in der SonntagsZeitung)

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