Details zum CO2-Gesetz im Nationalrat

Mit dem CO2-Gesetz in der Version Nationalrat werden erstmals alle Menschen in der Schweiz, die klimafreundlich leben, vom Staat mehr Geld erhalten, als sie mit CO2-Abgaben bezahlen.
Bei der Flugticketabgabe profitieren laut einer Studie rund 90% der Haushalte, bei der CO2-Abgabe kommt es stärker auf das Verhalten der Haushalte an, so dass 60% bis 80% der Haushalte mehr erhalten als zahlen.

Womit die Fake News der SVP, dass Familien zu leiden hätten, bereits zu Beginn widerlegt sind. Details dazu finden Sie am Schluss dieses Artikels.

Das Ziel des CO2-Gesetzes ist es, dass die Schweiz die im Pariser Klimaabkommen zugesicherten Massnahmen auch umsetzt, um die globale Erwärmung auf 2 Grad Celsius zu begrenzen. Bei mehr als 2 Grad käme es zu diversen Kippeffekten, wie dem Abschmelzen des grönländischen Eisschildes, was allein schon den Meeresspiegel um 7 Meter ansteigen liesse.

In einem ersten Schritt sollen die CO2-Emissionen um 35% gegenüber dem Stand von 1990 reduziert werden. Das ist kein sportliches Ziel, denn wir haben schon um 33% reduziert. Im Jahr 2030 dürften nur noch 50% der Emissionen von 1990 ausgestossen werden. Die Gebäude sollen die minus 50% schon 2027 erreichen.

Komplett neu ist ein Grenzwert, dass in bestehenden Wohn- und Dienstleistungengsgebäuden maximal 20 kg CO2 pro Quadratmeter ausgestossen werden dürfen. Die 20 kg/m2 müssen dann in Fünfjahreschritten um 5 kg/m2 reduziert werden. Bei Gewerbebauten gibt es keinen Grenzwert, und bei Neubauten dürfen grundsätzlich keine CO2-Emissionen verursacht werden. Das ist eine praxisorientierte Verschärfung des heutigen Rechts, wo man dem Gewerbe entgegen gekommen ist.

Bei den Fahrzeugen werden die Grenzwerte der EU übernommen, was sinnvoll ist, wir haben ja keine eigene Fahrzeugindustrie, und importieren sowieso alle Fahrzeuge.
Die Herstellung synthetischer Treibstoffe, also Treibstoffe, die kein zusätzliches CO2 ausstossen, wird gefördert. Für ihre Herstellung muss erneuerbarer Strom verwendet werden.

Das CO2-Gesetz besteht aus einer Mischung von Lenkungsabgaben und Fördermassnahmen.
Lenkungsabgaben verteuern ein Gut, hier die fossile Energie die man zum heizen, fahren oder fliegen verbraucht. Auf der anderen Seite wird dieses Geld via eine Verbilligung der Krankenkassenprämien direkt wieder an die Bevölkerung verteilt.
Fördermassnahmen unterstützen ein klimafreundliches Handeln, mit Beiträgen an energetische Sanierungen, an Quartierheizanlagen, an die Produktion von synthetischen Treibstoffen.

Emissionsrechte sind ein Recht, CO2 zu produzieren. Ein Unternehmen, das die Grenzwerte nicht einhalten kann, kauft daher lieber so ein Zertifikat. „Ich darf eine Tonne CO2 produzieren, und zahle dafür X Franken, die für eine Kompensationsmassnahmen, also eine Ersatzreduktion anderswo, eingesetzt werden.“

Ermöglicht wird die Zertifizierung und der Handel von nationalen und internationalen Emissionsrechten.
Dieser Teil ist etwas umstrittener, weil nur bei den inländischen Zertifikaten überprüft werden kann, ob sie wirklich zu Kompensationsmassnahmen eingesetzt werden. Daher sind inländische Zertifikate auch fünfmal teurer als EU-Zertifikate. Das führt dazu, dass in jedem Teil des Gesetzes noch definiert werden muss, wieviel des CO2-Ausstosses im Inland, und wieviel im Ausland kompensiert werden darf, denn die internationalen Zertifikate sind billig und allenfalls nicht überprüfbar und wirkungslos.

Beschlossen wurde nun, dass Dreiviertel der überzähligen CO2-Emissionen im Inland kompensiert werden müssen, das ist eine Verschärfung gegenüber heute.

Für Gewerbe jeder Grösse besteht zudem die Möglichkeit, sich die CO2-Abgabe rückerstatten zu lassen, wenn sie eine Zielvereinbarung mit dem Bund abschliessen. Da dürfte es sich für Kleinbetriebe lohnen, einfach die CO2-Abgabe zu bezahlen, denn die Erarbeitung von Zielvereinbarungen kann schnell einmal 15’000 Franken kosten.
Auch Betreibern von Wärmekraftkoppelungs-Heizungen wird die CO2-Abgabe rückerstattet, wenn die Mindestanforderungen eingehalten werden.

Die CO2 Emissionen von fossilen Treibstoffen müssen zu 90% kompensiert werden, da wird also ein grosser Bedarf nach CO2-Zertifikaten geschaffen. Mindestens 15% davon sollen im Inland kompensiert werden, das heisst, zu 85% können Treibstoffe billig mit internationalen Zertifikaten kompensiert werden. Ab 2025 sollen 20% im Inland kompensiert werden. Das Geld dafür stammt aus einem Aufschlag von 10 bis 12 Rappen pro Liter Benzin oder Diesel. Dieses Geld wird komplett für die Kompensation des CO2 benutzt, es fliesst also zu 80% bis 85% in Kompensationsprojekte im Ausland. Die Schweiz zahlt also auch an die weltweite Reduktion des CO2-Ausstosses.

Auch auf fossilen Brennstoffen (Heizöl, Gas) muss wie bisher eine CO2-Abgabe bezahlt werden. Die kann vom Bundesrat auf bis 210 Franken pro Tonne erhöht werden.

Neu wird eine Flugticketabgabe geschaffen, in der Höhe von 30 Franken für Kurzstrecken bis 120 Franken für Langstrecken. Es wird zudem eine Privatflugabgabe von 500 bis 5’000 Franken geschaffen, je nach Startgewicht der Maschine.

Nun zum eingangs erwähnten Teil:
Der Verteilung des Ertrages aus den Abgaben.

Alle Gelder landen in einem grossen Topf, dem Klimafonds. Die Gelder aus den verschiedenen Abgaben werden unterschiedlich verteilt.

Der Ertrag aus der CO2-Abgabe fliesst via die Verbilligung der Krankenkassenprämien zu zwei Dritteln an die Bevölkerung zurück, ein Drittel oder maximal 450 Millionen Franken gehen in das Gebäudeprogramm der Kantone, mit dem energetische Sanierungen von Gebäuden unterstützt werden, anderen Klimamassnahmen, und ein Teil geht in den Agglomerationsverkehrs-Fonds.
Das Gebäudeprogramm hatte schon in der Vergangenheit eine starke Wirkung.
Von der Flugticketabgabe werden 51% direkt wieder an die Bevölkerung verteilt, 49% werden für Klimaschutzmassnahmen verwendet.

Auch die Erträge aus den Versteigerungen der Emissionsrechte fliessen in den Klimafonds.

Was 900 Millionen Franken übersteigt, wird direkt wieder an die Bevölkerung verteilt.

Der Bundesrat erlässt wie immer die Ausführungsbestimmungen in seinen Verordnungen.

Natürlich wären aus Sicht des Klimaschutzes noch weitergehende Massnahmen nötig, aber dieses CO2-Gesetz stellt das dar, was man nach dem angekündigten SVP-Referendum in einer Volksabstimmung sicher durchbringen kann.

Peter Stutz, Geschäftsführer NWA Schweiz

NWA Schweiz wird 50 Jahre alt!

Am 5.5.1970 wurde die NWA in Rheinfelden als Kraft gegen das geplante AKW Kaiseraugst als erste Energie-Umwelt-Bürgerbewegung der Schweiz gegründet. 

Damals bedeutete NWA noch Nordwestschweizerisches Aktionskomitee, seit 2007 steht NWA für Nie Wieder AKW.

Zusammen mit anderen Organisationen haben wir in diesen 50 Jahren den Bau von Kaiseraugst, Inwil, Graben, Rüthi und Versoix verhindert, sowie ab 2007 den Ersatzbau von Mühleberg, Beznau und Gösgen. 

Zu unseren besten Zeiten im Kampf gegen Kaiseraugst hatten wir über 20’000 Mitglieder, heute sind es noch 2’300 Mitglieder und über 6’000 Spender*innen.

Ihnen allen sagen wir heute einmal mehr: Danke! Ohne euch gäbe es uns und unseren Kampf nicht.

Jetzt wollen wir hoffen, dass es nicht noch einmal 50 Jahre dauern wird, bis das letzte AKW der Schweiz stillgelegt wird. Am 21. Mai 2017 hat die Schweizer Stimmbevölkerung den Atomausstieg beschlossen, doch der Ausstieg ohne Stilllegungsplanung geht zu langsam. Warum die hochgefährlichen, altersschwachen Reaktoren Beznau 1 und 2 heute noch laufen, können wir nicht verstehen.

Immerhin hatten wir im letzten halben Jahr viel zu tun mit der Organisation des Nächglühfestes in Bern zur Stilllegung des AKWs Mühleberg und dem Nachglühapéro in Basel zur Stilllegung des Reaktors Fessenheim 1. 

 Am 27. Juni 2020 wäre ein Nachglühfest in Basel zur Stilllegung von Fessenheim 2 geplant. Eventuell muss das ebenso verschoben werden wie unsere Jubiläums-Mitgliederversammlung vom 5. Mai 2020 auf dem Kaiseraugst-Gelände, die auf unbestimmt verschoben wurde. 

Unser 50-Jahre-Jubiläum feiern nun wir mit unserem Wendeblatt 26 

https://nwa-schweiz.ch/publikationen/wendeblatt-archiv/

und mit der Versteigerung eines Weltformat-Plakates vom Nachglühfest zur Stilllegung von Mühleberg vom 20. Dezember 2019, das von allen sieben auftretenden Bands unterschrieben ist

https://www.facebook.com/events/1409648459208063/

Wir kämpfen auch in Zukunft für den raschen Atomausstieg und eine 100% erneuerbare Energieversorgung!

Wir wollen weder Geld verbrennen, noch ein zweites Tschernobyl in Beznau!

Morgen ist der 34. Jahrestag des Tschernobyl-GAUs, und unsere zwei ältesten Reaktoren in Beznau laufen noch immer.

Wir stellen daher dem Verwaltungsrat der Axpo in Form eines offenen Briefes Fragen zur Sicherheit, zur Rentabilität, zu Nachrüstungen und Evakuierungsplänen.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS hat uns bestätigt, dass es „eine aktualisierte Risikoabschätzung für ein nukleares Referenzszenario während der laufenden Pandemie nicht vorgenommen habe“. 

Die im Normalfall schon ungeklärte Evakuierung ist offensichtlich noch unmöglicher zu Pandemiezeiten. Wobei eine glaubhafte Evakuierungsplanung Voraussetzung für den Betrieb unserer Atomkraftwerke sind.

Die Position der NWA Schweiz ist in dieser Sache klar:

Wir möchten mit dem Weiterbetrieb von Beznau 1 und 2 weder Geld vernichten, noch ein zweites Tschernobyl in Beznau erleben müssen. Wir ziehen eine geordnete Stilllegung beider Reaktoren vor.

Mit freundlichen Grüssen

Andreas Fischer und Désirée Jaun, NWA Co-Präsidium

Peter Stutz, Geschäftsführer

PS. Der Sprecher des Bundesamts für Bevölkerungsschutz hat uns mitgeteilt, dass das BABS nicht mit dem oben erwähnten Satz, sondern wie folgt zitiert werden möchte: „Das Notfallschutzkonzept sieht vor, wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Faktoren bei der Planung und Anordnung von Schutzmassnahmen miteinzubeziehen. Eine Pandemie wäre ein solcher Faktor, der insbesondere die operationellen und logistischen Überlegungen im Zusammenhang mit einer vorsorglichen Evakuierung beeinflussen würde.“

NWA Mitgliederversammlung zum 50 Jahre Jubiläum wird verschoben

Unsere grosse Mitgliederversammlung in Rheinfelden zum 50 Jahre – Jubiläum der NWA Schweiz vom 5. Mai 2020 wird auf nach den Sommerferien verschoben.

Das ist natürlich frustrierend, wenn man schon das Fest auf dem Kaiseraugstgelände organisiert hat, aber wir müssen es wegen der Corona-Epidemie auf einen Zeitpunkt nach den Sommerferien verschieben.

Die NWA wie auch die GAK, gewaltfreie Aktion Kaiseraugst, wurden vor 50 Jahren gegründet, um den Bau des AKWs Kaiseraugst zu verhindern. Mit der Besetzung des Baugeländes von 1975 wurde der Bau blockiert. Die politische Bereinigung des Verzichts mit der endgültigen Beerdigung des Projekts brauchte aber Zeit bis 1988.

Die AKWs Gösgen und Leibstadt konnten nicht mehr verhindert werden, aber seit der Inbetriebnahme von Leibstadt 1984 wurde in der Schweiz kein AKW mehr gebaut, aber am 20. Dezember 2019 das erste stillgelegt, in Mühleberg bei Bern. Die Reaktoren Beznau 1 und 2 folgen hoffentlich sehr bald.

Als Trost gibts hier noch einen Beitrag zur Kaiseraugst Besetzung von 1975:

Nachglüh-Apéro zur Stilllegung des AKWs Fessenheim 1 am 22.2.2020

Hier ist der Nachglüh-Apéro zum Nachschauen, der mit kurzen Reden am Claraplatz in Basel gefeiert wurde. Die erste Hälfte mit:

Jan Schudel, Präsident NWA Basel

Peter Stutz, Geschäftsführer NWA Schweiz

Gerhard Zickenheiner, Mitglied des Deutschen Bundestages

Zweite Hälfte mit:

Katja Christ, Nationalrätin GLP Basel-Stadt

Sibel Arslan, Nationalrätin Grüne Basel-Stadt

Dr. Rudolf Rechsteiner, Vizepräsident TRAS und alt Nationalrat SP

Über den Anlass berichtete auch Telebasel – hier ist der Link zu dem Beitrag.