Gas- und Atomenergie sind nie umweltfreundlich

Greenwashing vom Übelsten – das EU-Parlament wäscht in einem knappen Entscheid die Investitionen in Gas und Atom grün. Ein absolut unverständlicher Entscheid. Es ist ein Angriff auf alle Klimaschutzziele und -beschlüsse. Wir stecken in einer Energie- und Klimakrise, da müssen alle Investitionen, alle Bemühungen in die Förderung erneuerbarer Energien laufen. Geld, das in Gas- und Atomkraftwerke investiert wird, fehlt bei Förderung von erneuerbaren Energien. Dieser Fehlentscheid des EU-Parlaments  bringt uns weg   von den dringend notwendigen Klimaschutzzielen und von der dringend notwendigen sauberen Energieversorgungssicherheit.

Wieso genau setzt Frankreich noch immer auf ihre unrentablen Atomkraftwerke? Die Hälfte ihrer Atomkraftwerke stehen zur Zeit still und sind Teil der aktuellen Energiekrise. Eine sichere, langfristig sinnvolle Energieversorgung ist erneuerbar und dezentral. Mit einer konsequenten Solar- und Windoffensive in Europa schaffen wir das. Investitionen in die Solarenergie bringen uns weiter und machen uns von Energieimporten unabhängiger.

Der Entscheid des EU-Parlaments ist aus aus ökologischer und finanzieller Sicht nicht nachvollziehbar. NWA unterstützt die Klage von Greenpeace und dem Trinationalen Atomschutzverband.

Nathalie Martin, Geschäftsführerin NWA Schweiz

Internationaler Klimabericht (IPCC) bestätigt Trend

Der aktuelle Klimawandel ist menschengemacht, und die Reaktionszeit des Weltklimas ist extrem langsam.
Darum gibt es im IPCC-Bericht kein Szenario, in dem die Temperatur zurückgeht. Selbst wenn wir sofort kein CO2, Methan und Lachgas mehr emittieren würden, würde das Klima noch viele Jahrzehnte lang wärmer werden.

Es gibt zwei wichtige Bereiche, wo der Konsens nicht ganz vorhanden ist. Beide sind politisch beeinflusst.

1) Kann das Erwärmungsziel von nur plus 1,5 Grad noch erreicht werden?
Wissenschaftlich gesehen: Nein. In wenigen Jahren werden wir die weltweit 1,5 Grad erreicht haben.
Politisch gesehen: Wir müssen alles tun, um das 1,5 Grad Ziel noch zu erreichen.

2) CO2 einfangen und speichern, Carbon Capture and Storage (CSS)
Wissenschaftlich und wirtschaftlich gesehen: Das kann nie funktionieren. Solange es 100 bis 300mal soviel Geld und Energie kostet, das CO2 wieder einzufangen und zu speichern, als es kostet, das CO2 einfach nicht zu emittieren, und durch erneuerbare Energie zu ersetzen, wird sich dieses CCS nie durchsetzen.
Forschung + Industrie: Wir hätten gerne ein paar Milliarden Fördergelder für CSS. Vielleicht funktioniert es irgend einmal in Zukunft.

Zurück zu den unbestrittenen Bereichen, den prognostizierten Temperaturen und Niederschlägen.
Grundlage sind zwei Karten, die die regionalen Veränderungen von Temperatur und Niederschlägen auf einer Weltkarte darstellen.
Da beim Szenario „Nichtstun“ die globale Durchschnitttemperatur bis 2100 um 4 bis 6 Grad steigt, nehme ich hier die Karten zum Szenario + 4 Grad. Denn Nichtstun ist die aktuelle globale Realität zum Klimawandel. 2020 waren die Klimagasemissionen so hoch wie noch nie.

Temperaturverteilung

Es fällt auf, wie stark sich die Landmassen aufheizen, und das Meer sich weniger erwärmt. Das ist aber einzig der Trägheit des Wasser geschuldet. Bis die rund 4 km dicken Ozeane aufgeheizt sind, dauert es einfach länger.
Auffallend ist der helle Fleck im Nordatlantik, der durch die Abschwächung des Golfstroms entsteht.
Der Golfstrom heizt Europa seit Jahrtausenden auf, darum haben wir nirgends auf der Welt so weit nördlich noch so viele Dörfer und Städte.
Durch die Versüssung des Meeres im Nordatlantik, durch die vielen Gigatonnen abschmelzenden Eises, wird der Golfstrom schon heute merklich abgebremst. In Zukunft wird er noch schwächer.
Womit Nord- und Mitteleuropa den Jackpot im Klimawandel erhält:
Mitten in der globalen Erwärmung dreht der Golfstrom bei uns seine Heizung hinunter. Darum erhitzen sich Nord- und Mitteleuropa in der Klimaerwärmung weniger als andere Landgebiete.
Was auf dieser Karte auch auffällt ist das komplette Auftauen der Arktis. Es wird nicht nur das Meereis verschwinden, auch die zwei Drittel der Fläche Russlands, die heute noch Permafrost haben, werden auftauen, und zusammen mit den Permafrostböden Kanadas nochmals halbsoviel Gigatonnen CO2 und Methan in die Atmosphäre abgeben, wie weltweit seit 1850 emittiert wurden. Das ist eine mächtige positive Rückkoppelung, die die Klimaerwärmung nochmals massivstens antreiben würde, in Richtung 6 bis 8 Grad globale Erwärmung bis 2150.

Wobei wir beim Thema Kippeffekte sind:
Bei 1,5 Grad globaler Erwärmung taut nicht der ganze russische Permafrost auf, und die halbsovielen Gigatonnen CO2 und Methan wie seit 1850 weltweit emittiert gehen nicht in die Atmosphäre.
Bei + 4 Grad aber schon.
Bei 1,5 Grad globaler Erwärmung taut nicht der gesamte grönländische Eisschild ab.
Bei +2 Grad aber schon, was den Meeresspeigel weltweit um 7 Meter anhebt.
Bei + 4 Grad schmilzt auch noch die Antarktis ab, der Meeresspiegel steigt um 63 Meter. Wir müssen aus der Schweiz nicht mehr zur Adria fahren, die Adria kommt zu uns! Zumindest bis in die Nähe von Mailand.
Innerhalb von Europa wird es zu massiven Umsiedlungen kommen. Flachgebiete wie die Niederlanden, Belgien, Norddeutschland, Dänemark etc. veschwinden. Die britischen Inseln werden tatsächlich zu hunderten kleinen Inselchen, die aus dem Meer rausschauen.

Niederschlagsverteilung

Der südliche Mittelmeerraum wird zusätzlich zur Erhitzung auch noch austrocknen. Wasser und Nahrungsmittel können kaum mehr lokal bereitgestellt werden, sondern müssen importiert werden, wie heute in den arabischen Golfstaaten.
Umgekehrt würden die heutigen Wüstengebiete in Pakistan, Arabien und in der Sahara deutlich mehr Regen erhalten als heute.
Die Sahara war zu Zeiten des Frühmenschen schon einmal grün. Falls die Niederschläge ausreichen, um die hohen Temperaturen auszugleichen, würde die Sahara wieder grün, oder zumindest zu einer wechselfeuchten Savanne.
In Brasilien hingegen wird der grösste Regenwald der Welt im Amazonasgebiet zur Savanne. Hier ist der lokale Effekt der Abholzungen allerdings wichtiger als die globale Erwärmung.
Generell nehmen in den meisten Gebieten die Niederschläge zu. Kein Wunder, denn mit 1 Grad Temperaturerwärmung kann die Luft rund 7% mehr Wasser aufnehmen, bei 4 Grad rund 28% mehr Wasser, das auch wieder ausregnen kann.
Das Hauptproblem dieser menschgemachten Klimaerwärmung bleibt das Tempo.
Noch nie, ausser bei vier katastrophalen Ereignissen der Erdgeschichte, hat sich das Klima so schnell verändert wie heute. Tiere, Pflanzen und die Menschen können sich nicht in einem derartigen Tempo anpassen.
Bei den Menschen wird der heutige Reichtum entscheidend sein, wie schnell sich eine Region an Wetterextreme und Nahrungsknappheit anpassen kann. Der Unterschied zwischen armen und reichen Regionen wird wahrscheinlich grösser. Die reichen Regionen können alles importieren, was bei ihnen ausfällt. Die Menschen der armen Regionen werden, noch mehr als heute, einfach verhungern, oder vorher zu uns flüchten. Oder beim Fluchtversuch sterben.
Bei uns wird sich die Herkunft der erfolgreichen Flüchtlinge verändern, wenn sie in ein paar Generationen aus den überschwemmten Gebieten von Grossbritannien, Niederlanden, Belgien und Norddeutschland kommen.

Insel Beznau: Hochwasser trifft auf Sand und Kies

Die Hochwasser der letzten Woche haben die Tatsache wieder in den Fokus gerückt, dass die Reaktoren Beznau 1 und 2 auf einer Insel mitten in der Aare gebaut wurden. Auf Schwemmland aus Sand und Kies.

Während beim AKW Mühleberg letzte Woche zum fünften mal seit Betriebsbeginn die Sandsäcke gestapelt werden mussten, um das Hochwasser der Aare abzuwehren, nimmt die Axpo in Beznau die Sache locker:
Es hebt, solangs hebt!

Die Kritik, dass es nicht schlau ist, ein Atomkraftwerk mitten in einen Fluss zu bauen, ist nicht neu. Schon 1964 wurde vom Wasserwirtschaftsverband davor gewarnt.

Eine Luftaufnahme der Baustelle des Atomkraftwerks Beznau, aufgenommen am 11. Juli 1967. (KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str)

Die Ingenieurwissenschaften waren auch 1965 nicht blöd, aber sie gingen von falschen Annahmen aus.
Ein damals definiertes hundertjährliches Hochwasser hält Beznau aus. Wohl auch ein dreihundertjährliches.
Das Problem ist, dass wir heute in einer anderen Welt leben.

Nicht nur haben sich die Extremniederschläge durch die Klimaerwärmung, in der Schweiz bereits über 2 Grad, um rund 30% erhöht.
Wir haben zudem in den Alpen in den sechzig Jahren, seit Beznau geplant wurde, mehr als die Hälfte der gefrorenen Flächen verloren, also Gletscher, Firnschnee und Permafrostböden. Diese hatten den Abfluss vor 60 Jahren noch verlangsamt, heute sind sie nicht mehr da, und auf den nackten Felsflächen und Geröllhalden fliesst das Wasser ungebremst ab.

Zudem hatten wir gerade letzte Woche Tage mit langanhaltenden Niederschlägen mit einer Schneefallgrenze von 3’400 Metern, statt 2’800 Metern in einem Juli vor über 60 Jahren.

Wir haben also Niederschläge mit +30% Intensität, die gefrorenen Flächen um mehr als die Hälfte reduziert, und die Fläche mit flüssigem statt gefrorenem Niederschlag stark erhöht.
Daraus resultiert nicht ein leicht erhöhter Abfluss, sondern ein um gut 50% oder mehr erhöhter Abfluss, verursacht einzig durch den Klimawandel in den Alpen.

Das erklärt dann auch, dass wir in den Jahren 1999, 2005 und 2007 gleich drei hundertjährliche beziehungsweise je nach Gegend dreihundertjährliche Hochwasser hatten.
In 9 Jahren drei dreihundertjährliche Hochwasser zu haben sollte einem einen Hinweis geben, dass die alten Abflussmodelle nicht mehr ganz stimmen.

Das aktuelle Hochwasser ist nochmals ein Hinweis in diese Richtung. Trotz neuem Entlastungsstollen und neuem Regulierungsreglement gingen die Pegel des Thunersees, der Aare und des Bielersees deutlich über die höchste Gefahrenstufe 5 hinaus. Die Reuss bei Luzern auch. Die Limmat nach Zürich auch. Kurz vor Beznau fliessen die beiden Flüsse in die Aare.
Wie sich die starken Niederschläge ab dem nächsten Wochenende auswirken, kann heute noch nicht prognostiziert werden.

Wie erwähnt: Die Reaktoren Beznau 1 und 2 sind für die Schweizer Stromversorgung überflüssig. Sie sollten so schnell wie möglich stillgelegt werden, bevor sie die Aare runterschwimmen.

Ein paar Fakten zum Strom

Also ehrlich: Wer macht denn eine Kampagne gegen die Stärken unseres Landes?
Klar: Die SVP!

SVP: Die Versorgungssicherheit bei der Stromversorgung ist gefährdet!
Fakt: Wir sind Weltmeister in Sachen Versorungssicherheit mit Strom. Kein zweites Land dieser Erde hat eine so zuverlässige Stromversorgung wie wir. Daran wird sich auch nichts ändern. Die Wasserkraftwerke unseres Landes können zu jeder Viertelstunde des Jahres 100% der Landesversorgung decken, wenn nötig.

SVP: Im Winter droht uns der Blackout! Und ohne AKW noch mehr!
Fakt: 2019 wurde das AKW Mühleberg stillgelegt. Richtig, das war das AKW, von dem es in der Abstimmung von 2014 hiess, ohne AKW Mühleberg drohe im Winter der Blackout. Mühleberg läuft nicht mehr, und der Blackout kam nicht.
2020 haben wir im Winterhalbjahr 0,8 TWh Strom importiert, und im Sommerhalbjahr 6,4 TWh Strom exportiert.
Und das alles ohne das AKW Mühleberg!

SVP: Wir haben zuwenig Strom! Das CO2-Gesetz macht alles noch schlimmer, wir werden vom Ausland abhängig!
Fakt: Wir haben beim Strom einen Selbstversorgungsgrad von 110%.
Bei unseren Lebensmitteln haben wir einen Selbstversorgungsgrad von 54%.
Bei der fossilen Energie haben wir einen Selbstversorgungsgrad von 0%.

Gegenfrage: Woher kommt das Oel? Das Gas? Das Uran? Nicht aus der Schweiz, sondern aus dem Ausland!
Und zwar zu 100%!


Quelle: Getty Images/Anton Petrus

SVP: Wir verbrauchen jedes Jahr mehr Strom! Die viel zu hohen Ziele des CO2-Gesetzes können unmöglich erreicht werden, wie bei der Energiestrategie 2050!
Fakt: Der Stromverbrauch in der Schweiz sinkt jedes Jahr, 2018 um 1,4%, 2019 um 0,8 %, 2020 um 2,6 %.
Die Energiestrategie 2050 wollte ab dem Referenzjahr 2000 bis 2020 3% weniger Stromverbrauch pro Kopf, bis 2035 13% weniger.
Von 2000 (7‘290 kWh) bis 2020 (6’451 kWh) ist dieser Verbrauch um 11,5 % zurückgegangen.
Das Ziel war – 3%, erreicht wurden – 11,5%, was fast dem Ziel für 2035 entspricht.

Darum keine Angst: Keine der fantasievollen Drohungen der SVP wird eintreffen.

Mit einem JA zum CO2-Gesetz sichern wir die Zukunft unseres Landes.
Es bringt weniger Abhängigkeit vom Ausland, mehr einheimische Energie und einheimische Arbeitsplätze.