Ein paar Fakten zum Strom

Also ehrlich: Wer macht denn eine Kampagne gegen die Stärken unseres Landes?
Klar: Die SVP!

SVP: Die Versorgungssicherheit bei der Stromversorgung ist gefährdet!
Fakt: Wir sind Weltmeister in Sachen Versorungssicherheit mit Strom. Kein zweites Land dieser Erde hat eine so zuverlässige Stromversorgung wie wir. Daran wird sich auch nichts ändern. Die Wasserkraftwerke unseres Landes können zu jeder Viertelstunde des Jahres 100% der Landesversorgung decken, wenn nötig.

SVP: Im Winter droht uns der Blackout! Und ohne AKW noch mehr!
Fakt: 2019 wurde das AKW Mühleberg stillgelegt. Richtig, das war das AKW, von dem es in der Abstimmung von 2014 hiess, ohne AKW Mühleberg drohe im Winter der Blackout. Mühleberg läuft nicht mehr, und der Blackout kam nicht.
2020 haben wir im Winterhalbjahr 0,8 TWh Strom importiert, und im Sommerhalbjahr 6,4 TWh Strom exportiert.
Und das alles ohne das AKW Mühleberg!

SVP: Wir haben zuwenig Strom! Das CO2-Gesetz macht alles noch schlimmer, wir werden vom Ausland abhängig!
Fakt: Wir haben beim Strom einen Selbstversorgungsgrad von 110%.
Bei unseren Lebensmitteln haben wir einen Selbstversorgungsgrad von 54%.
Bei der fossilen Energie haben wir einen Selbstversorgungsgrad von 0%.

Gegenfrage: Woher kommt das Oel? Das Gas? Das Uran? Nicht aus der Schweiz, sondern aus dem Ausland!
Und zwar zu 100%!


Quelle: Getty Images/Anton Petrus

SVP: Wir verbrauchen jedes Jahr mehr Strom! Die viel zu hohen Ziele des CO2-Gesetzes können unmöglich erreicht werden, wie bei der Energiestrategie 2050!
Fakt: Der Stromverbrauch in der Schweiz sinkt jedes Jahr, 2018 um 1,4%, 2019 um 0,8 %, 2020 um 2,6 %.
Die Energiestrategie 2050 wollte ab dem Referenzjahr 2000 bis 2020 3% weniger Stromverbrauch pro Kopf, bis 2035 13% weniger.
Von 2000 (7‘290 kWh) bis 2020 (6’451 kWh) ist dieser Verbrauch um 11,5 % zurückgegangen.
Das Ziel war – 3%, erreicht wurden – 11,5%, was fast dem Ziel für 2035 entspricht.

Darum keine Angst: Keine der fantasievollen Drohungen der SVP wird eintreffen.

Mit einem JA zum CO2-Gesetz sichern wir die Zukunft unseres Landes.
Es bringt weniger Abhängigkeit vom Ausland, mehr einheimische Energie und einheimische Arbeitsplätze.

Frieden fördern mit einem Ja zum CO2-Gesetz

In Konflikten und Kriegen geht es häufig um den freien Ressourcenzugang.
Früher waren Sklaven des Wertvollste, was man sich aneignen konnte. Seit der industriellen Revolution, wo die Maschinen uns die Arbeit abnahmen, ist es fossile Energie.
In den letzten hundert Jahren gab es dutzende Konflikte und Kriege um Kohle, Öl und Gas. Bis zum zweiten Weltkrieg waren es vorallem die europäischen Kolonialmächte, die diese Kriege begannen. Danach waren es in erster Linie die USA.
Seit sich die USA etwas beruhigt haben, und selbst zum grössten Ölproduzenten der Welt aufgestiegen sind, und seit Putins Machtübernahme sind die Russen führend im militärischen Herumräubern, sei es in Tschetschenien, Georgien, Syrien, der Ukraine oder Weissrussland, dessen Militärdiktator sich als Flugzeugentführer verewigt hat.


Aber auch die arabischen Staaten wollen die mit Ölgeld gekauften Waffen einsetzen, sei es gegen das eigene Volk, oder in Stellvertreterkriegen, wie in Jemen, wo der blutigste, verlustreichste Krieg unserer Zeit wütet, und 80% der Bevölkerung hungert.
Wir in der Schweiz zahlen jedes Jahr 8 Milliarden Franken an die Diktatoren in Russland, Nordafrika und arabischen Ländern.
Mit unserem Geld werden Kriege geführt und Menschen unterdrückt.
Unserem automatischen „Da können wir halt nichts machen“ möchte ich ein überzeugtes „Doch, wir können etwas dagegen unternehmen!“
Wir müssen uns, schneller als bisher, von der Versklavung durch die fossile Energie befreien, und unser Geld in einheimische Energie, einheimische Technik und einheimische Arbeitsplätze stecken.
Mit den 8 Milliarden Franken, die wir mit unseren Öl- und Gaskäufen jedes Jahr an die Diktatoren der Welt verteilen, können wir in der Schweiz einen viermal schneller Umbau unserer Energieversorgung in Richtung erneuerbar und einheimisch hinkriegen.
Damit den Kriegstreibern das wichtigste Schmiermittel für ihre Kriege ausgeht: Geld.
Unser Geld.
Mit einem überzeugten Ja zum CO2-Gesetz machen wir einen Schritt in diese Richtung.
Klar, damit stoppen wir weder den Klimawandel, noch alle Kriege auf der Welt.
Aber bei unseren Abstimmungen ging es noch nie darum, Gesetze oder Regeln für die Welt aufzustellen. Wir sind und waren immer nur für die Schweiz zuständig.
In dieser Veranwortung für die Schweiz können und müssen wir unseren Beitrag leisten, damit sich das Klima langsamer erwärmt, die Luftverschmutzung und die Lärmbelastung abnimmt, und die Welt friedlicher wird.

Wir hätten da noch einige Fragen zum uralten AKW Beznau!

Unsere Vizepräsidentin Florence Brenzikofer hat in der Sondersession des Nationalrates eine Interpellation mit vier Fragen zur Sicherheit des Betriebes des AKWs Beznau 1 und 2 eingereicht.
Vielen Dank an Florence!
Wir warten gespannt auf die Antworten des Bundesrates!

Fragen
1. Nachdem die bruchmechanische Prüfung der Sprödigkeit des Stahls des Reaktordruckbehälters von Beznau 1 mit der üblichen Methode 1 eine Überschreitung des Grenzwertes der Sprödigkeit ergab, evaluierte das ENSI eine Berechnungsmethode 2A und 2B, mit der der Grenzwert der Sprödigkeit wieder eingehalten werden konnte (Ökoinstitut Darmstadt August 2017 für Baden-Würtemberg, Seite 98 ff, zitiert ENSI 2011 und Axpo 2011). Wie beurteilt der Bundesrat diese Ergebnisse und die Anpassung der Nachweismethode ?

2. In früheren Berichten hielten das ENSI und die EMPA fest, dass die Korrosions¬schäden am Stahlcontainment, vor allem im einbetonierten Teil, kaum zu messen seien. Wurden inzwischen die vom ENSI verlangten Messungen (nicht Schätzungen) für den Nachweis der Grösse und des Umfanges dieser Korrosionsschäden durchgeführt und hat der Bundesrat Kenntnis von dessen Ergebnissen?

3. Die Beznau-Reaktoren 1 und 2 hatten bis Februar 2021 keinen determi-nistischen Sicherheitsnachweis für Erdbeben der Störfallkategorie 2 mit dem Grenzwert von 1 Millisievert (mSv) vorgelegt. Ist der Bundesrat mit der Aussage einverstanden, dass Beznau 1 und 2 umgehend ausser Betrieb genommen werden müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwertes von 1 mSv nicht nachgewiesen werden kann?

4. Laut Ausserbetriebnahmeverordnung muss ein Reaktor umgehend ausser Betrieb genommen werden, wenn seine Sicherheit nicht nachgewiesen wird. In der Praxis handhabt das ENSI diese Frage so, dass ein Reaktor immer als sicher angenommen wird, solange nicht seine Gefährlichkeit nachgewiesen ist. Welches Prinzip sollte zum Schutz der Bevölkerung angewendet werden: Der Wortlaut der Verordnung oder die Praxis des ENSI?

Begründung
Das AKW Beznau ist das älteste AKW der Welt, obwohl es nur für eine Betriebsdauer von 30 Jahren gebaut wurde. Das hohe Alter und diverse Mängel im Reaktor beunruhigt auch auf internationaler Ebene. So forderte Baden Würtemberg die Schweiz gestützt auf einem Sicherheitsgutachten dazu auf, das AKW schnellstmöglichst vom Netz zu nehmen. Nach 52 Betriebsjahren stellen sich in diesem Zusammenhang die folgenden sicherheitstechnischen Fragen.
Die Sprödigkeit des Reaktordruckbehälter des Reaktors Beznau 1 muss gemäss Artikel 4 der Ausserbetriebnahmeverordnung (732.114.5 Verordnung des UVEK ) unter 93 Grad liegen, sonst muss der Reaktor umgehend ausser Betrieb genommen werden. 2010 wurde der letzte Probesatz (verstrahlte Stahlstücke aus dem Reaktor) entnommen und untersucht. Die zerstörende bruchmechanische Prüfung nach Methode 1 ergab einen Wert von 104 Grad. In der Folge nutzte das ENSI zusätzlich andere Methoden, welche nur auf Berechnungen basierten. Schliesslich wurden mit der Methode 2A 89 Grad erreicht, und mit der Methode 2B 70 Grad. Das ENSI bescheinigte darauf basierend dem Reaktor 1 eine mögliche Betriebszeit von 60 Jahren. (Ökoinstitut Darmstadt August 2017 Sicherheitsstatus des Kernkraftwerks Beznau, Seite 98 ff, zitiert ENSI 2011 und Axpo 2011). Bei der Berechnung wurde zudem ignoriert, dass der Schmiedering C eine noch geringere Festigkeit hat, da er von 940 mit Aluminiumoxid-Sand gefüllten Bläschen mit über 5 mm Grösse durchzogen ist.
In Sachen Korrosionsschäden des Stahlcontainments kam die EMPA in einem vom ENSI angeforderten Bericht zum Schluss, dass im vorliegenden Fall die Korrosion stark erhöht sein müsse wegen dem borsäurehaltigen Wasser, das bei den jährlichen Revisionen des Reaktors heraustropft, und sich genau im Zwischenraum zwischen Beton und Stahl ansammelt. Die EMPA hielt fest, dass eine Messung dieser Korrosionsschäden sehr schwierig und die Messmethode noch nicht gefunden sei (EMPA 2011 Machbarkeitsstudie für zerstörungsfreie Messungen an der Stahldruckschale des Primär-Containments von Kernkraftwerken). Das ENSI schrieb in der Folge, das müsse weiter untersucht werden, da ansonsten kein Sicherheitsnachweis bestehen würde.

In Sachen Erdbebensicherheit stellte das Bundesgericht in seinem Urteil 2C_206/2019 vom 25. März 2021 fest: „In Änderung des Urteils des Bundesver-waltungsgerichts vom 22. Januar 2019 wird festgestellt, dass das ENSI von der Beschwerdegegnerin für das KKB auch einen deterministischen Sicherheits-nachweis für ein Erdbeben mit einer für die Störfallkategorie 2 repräsentativen Störfallhäufigkeit hätte verlangen müssen.“
Dieser Punkt ist insbesondere bemerkenswert, da bei der ersten Beurteilung der Beznau-Reaktoren 1 und 2 für ein 10’000-jährliches Erdbeben eine Verstrahlung von 78 mSv resultiert hat, in einem späteren Bericht wurde dieser Wert mit 57,8 mSv angebeben. Es ist physikalisch unwahrscheinlich, dass ein 5’000-jährliches Erdbeben oder ein 1’000-jährliches Erdbeben den Grenzwert der Störfallkategorie 2 von 1 mSv einhalten kann, wenn bei einem 10’000-jährlichen Erdbeben 78 mSv oder 57,8 mSv erreicht werden.

Allen drei bemängelten Bereichen ist gemeinsam, dass die Betriebsbewilligung des Reaktors Beznau 1 nur mit einer Beweislastumkehr aufrechterhalten werden kann. Das ENSI argumentiert damit, die Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke sei gegeben, solange keine Gefährdung nachgewiesen sei.
Dieser Grundsatz steht im Widerspruch zum Gesetz und zur Ausserbetriebnahmeverordnung, in welcher verlangt wird, dass ein Kernkraftwerk umgehend ausser Betrieb genommen werden muss, wenn es seine Sicherheit nicht nachweisen kann. Und nicht, wenn eine Gefährdung nachgewiesen wird.

Warum Tschernobyl nicht noch schlimmer wurde

Tschernobyl blieb uns als grösster europäischer GAU in Erinnerung. Es hätte aber alles noch viel schlimmer kommen können.

Externe Experten hattten von Moskau den Auftrag, den Reaktor 4 in Tschernobyl auszutesten. Dabei wurden verschiedene Regelbrüche begangen, Abläufe und Vorschriften wurden missachtet, und die lokale Mannschaft konnte sich mit ihrem Antrag zum Abbruch der Experimente nicht durchsetzen. Bis es zu einer Kettenreaktion kam, die nicht mehr zu bremsen war. Die Sowjetunion schwieg die ersten 72 Stunden nach dem Unfall. Bis in Schweden wegen den gemessenen sehr hohen Strahlungswerten und radioaktiven Isotopen das AKW Fosmark evakuiert wurde. Danach wurde klar, dass der radioaktive Fallout aus der Sowjetunion stammen musste. Nach drei Tagen gab die Sowjetunion schliesslich einen Atomunfall in Tschernobyl nördlich von Kiew in der Ukraine zu.

Es hätte alles noch viel schlimmer kommen können
Als sich alle Kühlversuche als ungenügend herausstellten und die Kernschmelze unabwendbar war, wurden die Brennelemente aus Uran rund 2’000 Grad heiss. Sie schmolzen alles was in der Nähe war, vorallem Graphit, Stahl und Beton, und diese als Corium bezeichnete „Lava“ aus Uran und anderem Material bahnte sich seinen Weg nach unten. Wenige Meter unter dem Reaktorkern stand aber sehr viel Wasser.


Das lavaähnliche, hochradioaktive und 2’000 Grad heisse Corium fliesst unten aus dem Reaktor hinaus

Aus vier Gründen musste verhindert werden, dass sich dieses heisse Corium ins Wasser ergiesst: Erstens weil weitere Dampfexplosionen verhindert werden sollten, die noch mehr radioaktives Material verbreiten würden. Zweitens um eine Wasser-stoff¬explosion zu verhindern, die je nach zur Verfügung stehendem Material eine gigantische Wasserstoffexplosion hätte sein können, die die ganze Struktur des Atomkraftwerks mit seinen 35’000 Tonnen Masse in kleinen Stücken in die Luft gejagt hätte. Drittens hätte das Wasser bei diesem Reaktortyp als Moderator funktioniert, das heisst, der Reaktor wäre mit Kernspaltung wieder aktiv geworden, nur diesmal unter fast freiem Himmel. Und viertens sollte das wichtigste Grundwasserreservoir der Region vor Radioaktivität geschätzt werden.

Kumpels aus einem Bergwerk bauen einen Tunnel
Um das zu verhindern holte man Kumpels aus einem Bergwerk in Tula, die einen Tunnel mit Kaverne unter den Reaktor 4 bauen mussten. Zuerst versuchte man von der Kaverne aus das heisse Corium mit Stickstoff zu kühlen, was aber misslang.
Dann änderte man die Strategie, und fokussierte sich darauf, wenigstens das Wasser wegzupumpen. Danach wurde die gesamte Kaverne mit Beton gefüllt, um das Grundwasser zu schützen.
Von der Arbeit dieser Liquidatoren profitierten auch wir in der Schweiz, da deswegen viel weniger radioaktiver Fallout in grosse Höhen und damit bis zu uns transportiert wurde. Wir schulden daher all den Liquidatoren von Tschernobyl unseren grössten Respekt. Tausende von ihnen starben später an der Strahlenkrankheit oder an Krebs.

Lehren aus Tschernobyl
Man spielt nicht mit einem Atomkraftwerk, man muss vorgegebene Abläufe und Vorschriften einhalten, denn sie wurden nicht ohne Grund erlassen.
Denk ich an Beznau in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht. Denn um den ewigen Weiterbetrieb der Reaktoren Beznau 1 und 2 zu ermöglichen werden vom eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI Vorschriften uminterpretiert und Berechnungsmethoden geändert, wie für den spröden Reaktordruckbehälter. Mängel, die bekannt sind, werden als irrelevant ignoriert oder günstig berechnet, wie die Korrosionsschäden am Stahlcontainment.
So müssen wir weiter hoffen, dass sich in Beznau nie eine Überflutung, nie ein Erdbeben und nie ein Flugzeugabsturz ereignet, und nie eine Schnellabschaltung nötig sein wird. Denn so etwas würde den für 30 Jahre Betriebsdauer gebauten, aber nach 52 Jahren immer noch in Betrieb stehende Reaktor 1 schnell überfordern.

Wir müssen das ENSI dazu bringen, dass es seine Aufsichtsaufgabe ernst, und den Reaktor Beznau 1 umgehend ausser Betrieb nimmt.