Autor: Peter Stutz
NWA fordert externe Sicherheitsüberprüfung des Reaktors Beznau 1
Heute wurden wieder Mängel zum Reaktor Beznau 1 bekannt, dem ältesten zivilen Kernreaktor der Welt, der noch in Betrieb steht. 1969 bis 1992 fehlte ein Notstromdiesel, der von 1992 bis 2017 wegen einem Softwarefehler abgeschaltet worden wäre, wenn es ihn gebraucht hätte. Erst im Dezember 2020 wurden die fehlenden Schockabsorber bemerkt. Der Unterhalt des Reaktors durch die Axpo, und die Aufsicht durch das eigenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI, lassen zu Wünschen übrig.
Anfang Dezember 2020 musste das AKW Beznau vom Netz, weil festgestellt wurde, dass bei den zwei Notstromdieseln die Schockabsorber fehlten. Schockabsorber sind wichtig, um Schwingungen durch ein Erbeben abzufangen, aber auch Schwingungen des Motors selber, der vielleicht nicht rund läuft, sondern vibriert, aus Altersschwäche oder nachdem er bei einem vorherigen Erdbeben beschädigt wurde. Die Schockabsorber wurden in den folgenden Wochen nachgerüstet, danach ging das AKW wieder ans Netz.
Nun stellt sich heraus: Die Schockabsorber fehlen schon seit 1992, seit der Lieferung und Montage der Notstromdiesel. Weder die NOK, noch die Axpo, noch das Ensi haben das je bemerkt, bis letzten Dezember.
Wir halten also fest:
Beznau 1 lief von 1969 bis 1992 ganz ohne Notstromdiesel, weil davon ausgegangen wurde, dass nach einem GAU oder einem schweren Erdbeben das Stromnetz ganz normal funktionieren würde. Das war ein Hochseilakt ohne Netz.
Von 1992 bis Ende 2020 standen zwei Notstromdiesel dort. Einfach ohne Schockabsorber, die während und nach einem Erdbeben schmerzlich vermisst worden wären, und zu einem Ausfall der Notstromdiesel, und damit zu einem Ausfall der Reaktorkühlung geführt hätten, was zur Kernschmelze und einem GAU geführt hätte.
Aber dank einem erst 2017 entdeckten Softwarefehler wären die Notstromdiesel genau dann abgeschaltet worden, wenn sie für die Kühlung des Kernreaktors gebraucht worden wären.
Die Logik des Programms war: Nach einem Unfall schaltet man alles aus, was man nicht mehr braucht. Nach einem Unfall wären die Notstromdiesel für die Notkühlung aber genau das, was man am dringendsten braucht.
In Beznau gab es einzig deshalb nie einen GAU, weil es nie ein Erdbeben, nie eine Überschwemmung und nie einen Flugzeugabsturz gab. Denn in all den genannten Fällen hätten die Schutzmassnahmen versagt, und ein atomarer Unfall wäre unkontrollierbar geworden.
NWA fordert eine umfassende Überprüfung der Sicherheit des Reaktors Beznau 1 durch eine externe, vom ENSI unabhängige Stelle, wie beim EU-Stresstest 2012.
NWA fordert schon seit langem die umgehende Stilllegung des Reaktors Beznau 1, der für die Schweizer Stromversorgung überflüssig ist.
Die Schweiz hat 2020, nach der Stilllegung von Mühleberg, netto doppelt soviel Strom ins Ausland exportiert (5’204 GWh), wie Beznau 1 im Zehnjahresschnitt pro Jahr produziert (2’676 GWh).
Zum Glück den Bau von AKWs verboten
Nach der Veröffentlichung eines speziellen Interviews mit dem vormaligen AKW-Direktor Rudolf Lutz, der heute noch von neuen AKWs träumt, konnte Beat Hodel in der Solothurner Zeitung seine Position darlegen.
Beznau und der vergessene zweitgrösste Atomunfall der Sowjetunion
Bis heute wirkt nach, dass die Sowjetunion mit Erfolg den Atomunfall in Majak und die Verstrahlung über 40 Jahre verheimlichen konnten.
Die Anlagen in Majak waren zu wichtig, hier wurden die erste und noch viele weitere Atombomben und Atomraketen der Sowjetunion entwickelt.
Es war politisch unmöglich, zu Zeiten der grössten Erfolge der Raumfahrt mit der Sputnik, wo die Sowjetunion die USA überflügelten, einen grossen Atomunfall zuzugeben.
Die heute noch extrem hohe Verstrahlung der Gegend hat drei Ursachen:
Erstens wurden die radioaktiven Abfälle einfach in der Umgebung und in die Flüsse abgelagert.
Zweitens machen das die Brennstabfabriken bis zum heutigen Tag so.
Drittens gab es 1957 nach dem Versagen der Kühlung hochradioaktiver Abfälle eine richtige Explosion.
500’000 Einwohner der Gegend wurde über den Grenzwerten verstrahlt, 23 Dörfer wurden evakuiert, den Einwohnern wurde nie gesagt, warum.
Hier starben schon zwei Jahrzehnte vor Tschernobyl unzählige Menschen zu früh an Krebs, die als Liquidatoren beim Aufräumen nach dem GAU eingesetzt wurden.
Hier starben in einigen Familien und Verwandschaften alle zu früh an Krebs.
Babys mit Deformationen wurden schnell entsorgt, einem Baby mit sechs Fingern wurde einfach schnell der überzählige Finger abgeschnitten.
In der Heimlichkeit eines militärischen Sperrgebietes, in dieser Atomstadt Majak, die offiziell gar nicht existierte, war vieles möglich. In Majak arbeiteten die meisten Einwohner in den Atomfabriken, die Stadt war aussergewöhnlich reich und gut ausgestattet. Es war eine Ehre, hier zu arbeiten.
Alle unangenehmen Sachen wurden einfach verheimlicht.
Die Axpo, früher NOK, hat jahrelang aufbereitete Brennstäbe aus Majak bezogen, und hat damit dieses System mitfinanziert.
Die russische Lieferfirma TVEL hat 2005 mit stolz darauf hingewiesen, dass Lieferverträge bis 2016 für Gösgen, und bis 2020 für Beznau abgeschlossen worden seien.
2010, nachdem dieser Umstand von Greenpeace, von Nationalrat Geri Müller und von SRF bekanntgemacht worden ist, verwedelte die Axpo alle Vorwürfe. Kritisiert wurde 2010 auch, dass für jede Bratwurst eine Deklarationspflicht für die Herkunft des Fleisches bestand, aber für Brennstäbe gab es keine Deklarationspflicht. Ein paar Jahre später wurde in diesem Punkt das Recht angepasst.
2011 wurde nachgewiesen, dass diese Brennstabfabriken in Majak immer noch den nahen Fluss mit stark radioaktiven Abfällen belastete. Indirekt finanzierten die Brennstäbe von Gösgen und Beznau immer noch diesen laufenden Umweltskandal.
Die Axpo verwedelte weiterhin alle Vorwürfe, und wollte das zuerst genauer abklären lassen. Russland liess dann aber weder eine Delegation des Regierungsrates des Kantons Zürich einreisen, noch eine Delegation der Axpo.
Erst 2014 krebste die Axpo zurück, und kündigte die Lieferverträge mit Majak. In Beznau wurden Majak Brennstäbe bis 2018 verwendet.
Die Axpo bezog aber weiterhin Brennstäbe aus anderen russischen Atomanlagen.
Der ewige Weiterbetrieb der Atomreaktoren von Beznau 1 und 2 ist eben nicht nur für uns in der weiteren Umgebung ein unerträgliches Sicherheitsrisiko, sondern auch für Menschen in der Umgebung der russischen Atomfabriken.
https://www.bbc.co.uk/…/the-huge-nuclear-disaster…
Bereits 1,23 Grad globale Klimaerhitzung bis 2020
Wie ich hier schon ein paarmal geschrieben habe, ist das Ziel, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ein abstraktes Ziel. Diese 1,5 Grad Erwärmung werden wir wohl 2024 oder 2025 erreicht haben.
Die Klimaerhitzung ist bereits soweit fortgeschritten, dass die globale Temperaturzunahme 2020 bereits bei 1,23 Grad lag, mit ansteigender Tendenz.
Bis 2100 dürften es rund plus 4 oder 5 Grad sein, aber danach stiege sie noch höher, wenn die Klimaerhitzung nicht resolut bekämpft wird.
Wie Ben Moore heute im Tagesanzeiger angeregt hat, müssten wir die massiven Falschinformationskampagnen der Fossil-Lobby in den digitalen Medien gleich behandeln wie andere offensichtliche Falschinformationen, wie die Tweets von Trump zur „gestohlenen Wahl“:
Mit einem Warnhinweis versehen oder ganz löschen.
Denn bei der fortschreitenden Zerstörung des Lebens auf unserem Planeten, mit der laufenden sechsten Massenausrottung von Tier- und Pflanzenarten, können wir nicht nochmals 50 Jahre lang zusehen, wie sich die reichste Lobby der Welt die Medien und die Politiker kauft, und wirksame Schritte in Richtung markanter Reduktion des Ausstosses von Klimagasen verhindert.
Eine 100% erneuerbare Energieversorgung ist weder technisch, noch wirtschaftlich, noch sozial speziell schwierig. Das Problem ist einzig, dass die Fossil-Industrie nicht mehr daran verdienen würde.
Darum wehrt sie sich mit milliardenteuren Kampagnen dagegen. Auch in der Schweiz.
Eines scheint sich in der Geschichte zu wiederholen:
Dass eine Generation eine offensichtliche Gefahr oder Ungerechtigkeit so lange ignoriert, bis der Schaden wirklich gross wurde. Und die nachfolgenden Generationen dieses „Warten trotz besseren Wissens“ nicht verstehen konnten.
Wir, die drei Wachstumsgenerationen seit den 1950er Jahren, werden mit Sicherheit nicht verstanden werden von künftigen Generationen. Für den Schaden, den wir in drei Generationen angerichtet haben, brauchte die Natur bei den vorherigen fünf Massenausrottungen von Tieren und Pflanzen sehr viel mehr Zeit.
Wir haben das Ruck Zuck gemacht.
Zumindest darin sind wir beeindruckend effizient.
Wären wir doch beim Umstellen auf eine erneuerbare Energieversorgung auch so effizient!
Auch wenn ihrs schon einmal gehört habt:
Stimmt um Himmels Willen JA bei der Abstimmung über das CO2-Gesetz.
Es ist das beste, was möglich war, und weitere Schritte müssen folgen.
Jetzt aus blindem Fanatismus dieses gute Gesetz abzuschiessen brächte nur einen jahrelangen politischen Stillstand, und garantiert kein verbessertes CO2-Gesetz.
Der Umbau unserer fossilen Energieversorgung auf erneuerbare Energie und Effizienz kann nicht über Nacht geschehen. Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut. Aber an einem Tag haben sie mal damit angefangen.
Das müssen wir auch.
Mit einem einfachen ersten Schritt: Einem JA zum CO2-Gesetz.
https://wetter.tagesschau.de/wetterthema/2021/01/15/auf-dem-treppchen.html